Pflichtverteidiger/Wahlverteidiger
Pflichtverteidiger werden dann beigeordnet, wenn entweder eine Haftsituation vorliegt oder eine Straferwartung von über einem Jahr im Raume steht. Geht es um ein Verbrechen (Mindeststrafe ein Jahr) wird immer ein Pflichtverteidiger beigeordnet, bei Vergehen (Strafe unter einem Jahr möglich) hingegen selten. Es geht somit nicht um Bedürftigkeit, sondern um Straferwartung. Eine Beiordnung eines Pflichtverteidigers entfällt, wenn sich der Mandant einen Wahlverteidiger nimmt. Ein Pflichtverteidiger kann seine (dann sehr stark reduzierten) Gebühren gegenüber der Landeskasse geltend machen. Sie fallen jedoch im Falle einer Verurteilung und teilweise auch Einstellung dem Mandanten letztlich zur Last.
Jeder Wahlverteidiger kann sich auch als Pflichtverteidiger beiordnen lassen. Auch einen Pflichtverteidiger kann sich daher der Mandant selbst aussuchen, sofern der gewählte Verteidiger bereit ist, sich als Pflichtverteidiger beiordnen zu lassen. Nur dann, wenn man keinen Verteidiger wählt, wird ein Verteidiger vom Gericht aus Schutzgründen gestellt. Der Mandant hat jedoch stets das erste Wahlrecht.
Vorsicht ist geboten, wenn die Polizei oder Staatsanwaltschaft einen Verteidiger vorschlägt, weil man keinen kennt. Auch hier gilt, dass man sich niemals unter Druck setzen lassen sollte. Auch eine sofortige Aussage nach einer Festnahme bei der Polizei mit einem Anwalt (ohne Aktenkenntnis) ist mehr als grob fahrlässig. Man darf sich von dem Ermittlungsdruck der Polizei nicht verleiten lassen. Auch hier gilt: abwarten.
Wenn ein Verteidiger vorgeschlagen wird, der dann auch sofort kommt und sogleich zu einer Aussage drängt, so sollte man äußerst vorsichtig sein. Sofern der vorgeschlagene Verteidiger eine abwartende Haltung einnimmt und auch erst einmal zum Schweigen rät, scheint er eine größere Neutralität zu besitzen.
Natürlich gibt es Ausnahmesituationen, in denen man auch sofort eine Aussage machen kann. Aber wenn Haft droht, auch Untersuchungshaft, ist es besser, hier diese für einen kurzen Moment auf sich zu nehmen, als sich am Ende mit einer unbedachten Aussage Jahre zu fangen. Denken Sie immer an den Ermittlungsdruck und Erfolgsdruck, der gegen Sie wirken kann.
Auch wenn etwas gedolmetscht wird. Lesen Sie sich alles ganz genau durch. Lassen Sie sich JEDES Wort übersetzen. Wenn es ein Protokoll gibt, lassen sie sich keine Zusammenfassung übersetzen sondern jedes Wort und jeden Satz für sich. Es kann auf ein einziges Wort ankommen, welches über eine Verurteilung oder einen Freispruch entscheidet. Wenn Sie (was grundsätzlich nie zu empfehlen ist) eine Aussage mit einem Dolmetscher ohne Anwalt tätigen, so haben Sie keinen rechtlichen Berater. Der Dolmetscher soll neutral sein, was viele auch sind, aber nicht immer alle. Das ist ein Problem, welches sich in jedem Gebiet wiederfindet. Davon sind Dolmetscher ebenso wenig ausgeschlossen, wie Richter, Polizeibeamte, Staatsanwälte und auch Anwälte. Aber nur der Anwalt ist es, der ausschließlich Ihre Interessen vertritt. Er kennt die Finessen, die Probleme, die Wortspielereien, die Probleme bei der späteren Auslegung bei Gericht. Wenn also eine Aussage ohne Verteidiger getätigt wird, dann muss man sich jedes Wort und jeden Satz hinterher genau durchlesen oder übersetzen lassen. Wort für Wort!